BILDERWAND - DER FOTOBLOG VON RENE GAUCH 26 Stunden ausharren bei Regen und Kälte für…
Seit fünf Jahren auf Wanderschaft
Ich lief gerade über die Münster Brücke in Zürich als ich ihn zum ersten Mal erblickte. Lässig angelhnt an die Brückenmauer liess er sich von den neugierigen Blicken der Passanten nicht beeindrucken und mit stoischer Gelassenheit posierte er auch für die mit Kameras bestückten Touristen und Hobby-Fotografen. Nun ich muss zugeben, auch mich hat die Szene gereizt auf den Auslöser zu drücken.
Seit fünf Jahren unterwegs
Ich wollte mehr wissen über diesen Mann in seiner grauen Kluft eines Handwerkgesellen. Er sei ein gelernter Steinmetz aus dem Norden Deutschlands, meinte er. Das Steinmetze auch auf Wanderschaft sind war mir bisher nicht bekannt. Freundlich und mit auch ein wenig Stolz erzählte er mir, dass die 800 Jahre alte Tradition der Wanderschaft ihren Ursprung bei den Steinmetzen hat. Ich merkte schnell, wie sehr ihm das Ausleben dieser Tradition am Herzen lag. Normalerweise dauert eine solche Wanderschaft, machmal auch „Tippelei“ genannt, zwischen dem Ende der Lehrezeit und dem Ablegen der Meisterprüfung drei Jahre und ein Tag. Dies ist nur eine der teils strengen Bedingungen, die auf der mit manchen Entbehrungen behafteten Wanderung erfüllt sein müssen. Die „Rechtschaffenen Maurer und Steinhauergesellen“ dürfen sich während dieser Zeit nicht mehr als 50 Kilometer dem Heimatdorf nähern. Sie dürfen nicht älter als 30 jahre alt sein, dürfen keine Vorstrafen haben und zudem müssen sie schuldenfrei und unterhaltszahlungsfrei sein. Er selber, fuhr er fort, sei schon seit fünf Jahren unterwegs. In halb Europa sei er schon gewesen und zählte mir all die Länder auf, die ich mir leider nicht alle merken konnte.
Nächstes Ziel Dänemark
Beeindruckend fand ich die Tatsache, dass es heute noch Menschen wie ihn gibt, die ohne Handy unterwegs sind. Dies zeigte sich in seiner momentanen Situation. Er warte nun schon mehr als einen Tag auf einen Kumpel, der wie er irgendwo unterwegs auf der Wanderschaft war. Sie hätten abgemacht, zu jeder vollen Stunde, zwei Tage lang, hier an dieser Stelle auf einander zu warten. Sie wollen gemeinsam weiter nach Dänemark. Sollte sein Kumpel bis zum Mittag am nächsten Tag nicht auftauchen, werde er alleine bis zum nächsten Treffpunkt seiner Bruderschaft weiterziehen.
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